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Boden und Klima

Boden und Klima

In der Weinbaufachwelt hat sich das Terroir zum zentralen Begriff mit hoher Aktualität entwickelt. Eine ganzheitliche, sinngleiche Übersetzung aus dem Französischen gibt es im Deutschen nicht. Unter Terroir werden die Standortfaktoren eines bestimmten Weinanbaugebietes verstanden. Es besteht eine Wechselwirkung zur Umschreibung der natürlichen Faktoren, welche sich vereinfacht in Klima, Boden und Topographie niederspiegeln.


Boden

Lange Zeit war es in den meisten Regionen Spaniens üblich, regionsinterne Cuvées den Einzellagenweinen vorzuziehen. So bestimmte in der Rioja mehr die Philosophie der Bodega den Weinstil als das Terroir, da üblicherweise Trauben mehrerer Subregionen verwendet wurden, um so die gewünschte Stilistik zu erzielen. Mit dem Aufstieg der neuen Weinregionen wie Priorat oder Ribera del Duero änderte sich dies und engagierte Önologen suchen gezielt nach speziellen geologischen Strukturen. Nun zeigt sich langsam die Terroirvielfalt Spaniens.

Wer von Spanien nur die Urlaubsparadiese an der langen Küste kennt, der kennt Sandstrände, weiß aber noch nichts von der abwechslungsreichen Geografie und Geologie des Landes. Mit durchschnittlich 650 Höhenmetern ist Spanien nach der Schweiz das zweithöchst gelegene Land Europas. Nicht nur die Hochgebirge wie die Pyrenäen, die Sierra Nevada und das Kantabrische Gebirge tragen dazu bei. Vor allem ist es die Meseta, jenes riesige kastilische Hochplateau, das mit seiner Höhenlage von 600 bis 1000m wesentlich dazu beiträgt. Diese Höhenlage und der Einfluss des Atlantiks bewirken auf der Iberischen Halbinsel wesentlich höhere Temperaturen als in vergleichbaren Breitengraden.

Untersuchungen der Bodenstruktur haben eine große Vielfalt ergeben. Und dass der Boden Einfluss auf die Qualität des Weines hat, ist inzwischen unbestritten. Vor allem sind jedoch Kalk, Lehm und Sand in verschiedensten Zusammensetzungen vorhanden. Es stehen aber auch Granit und Schiefer an. Letztlich sind es aber immer die örtlichen klimatischen Verhältnisse und die vorhandene Bodenstruktur, die über die Qualität einzelner Weinberge entscheiden.

Durch chemische und physikalische Verwitterung ändert sich die Zusammensetzung der mineralischen und organischen Stoffe und es entstehen neue Substanzen. Der Boden wirkt sich in sehr vielfältiger Art und Weise auf den Wachstum der Rebe aus, da er die Nährstoffe, welche durch die tiefen Wurzeln der Reben aufgenommen werden, bereitstellt. So können sich die Trauben der gleichen Rebsorte durch den Einfluss verschiedener bodenphysikalischer Eigenschaften geschmacklich völlig unterschiedlich entwickeln. Spanien verfügt über vielseitige Bodentypen, was das Herstellen von besonders charaktervollen und geschmacksdifferenzierten Weinen begünstigt.

Lehmboden

Lehm- und Tonböden sind die in Spaniens Anbaugebieten häufigste Bodenart. Aufgrund der erhöhten Wasserspeicherfähigkeit sind diese Böden sehr ertragreich, Entsprechend mangelt es den Weinen an Komplexität gegenüber z.B. kalkhaltigen Böden. Die eisenhaltigen, rötlichen Lehmböden sind typisch für die Anbaugebiete der südlichen Meseta. Lehm ist ein Verwitterungsprodukt aus Sand, Schluss und Ton, wobei die prozentuale Zusammensetzung variiert. Durch freigesetzte Eisenverbindungen können Lehmböden gelbbraun, braun oder rotbraun sein. Durch die gute Wasserspeicherfähigkeit sind diese Böden ergiebig im Ertrag. Der Ton im Unterboden ist wichtig, weil er die Feuchtigkeit hält und die Versorgung der Wurzeln gewährleistet. Bei langen Defiziten in der klimatischen Wasserbilanz, treten tiefe Trockenrisse auf, welche das Landschaftsbild prägen. Weine von tonhaltigen Böden sind unter normalen Bedingungen strukturiert, aber weniger elegant.

Kalkboden

Wie in vielen anderen Weinbauländern auch, ist Kalk eine Voraussetzung für hochwertige Weine. Der Verwitterungszustand des Kalks ist dabei der entscheidende Faktor. Beim Verwittern zerfällt der Kalk in seine Ton-, Silit- und Sandbestandteile. Weitere Merkmale dieses Bodens sind die gute Wasserspeicherung und die hohe Mineralität. Es entstehen alkalische Böden. Kalkgeprägte Lagen zählen zu den Königslagen. Hier fühlt sich die Tempranillo-Traube besonders wohl. In Rioja, Navarra und Ribera del Duero herrschen Kalkböden vor.

Granitboden

Böden aus Granit liegen vor allem im Westen und Nordwesten des Landes. Typisch sind geologische Formationen, in denen Granit im Berg- und Hügelland ansteht, die Täler und Ebenen jedoch von Schwemmland und Lehm geprägt sind. So sind Sandschichten auf Granituntergrund auch im Nordosten des Landes vorhanden. Der relativ hohe Säuregehalt dieser Formationen gemeinsame Nenner. Außerdem kann Granit eine klare Mineralität an die Weine abgeben. Granitböden findet man vor allem in Rias Baixas, Ribeiro, Vinos de Madrid und Emporda.

Schieferboden

Schieferböden kamen erst durch das Priorat wieder ins Gespräch. Schiefer macht den Weinbauern viel Arbeit. Steinig, wasserdurchlässig und wenig ertragreich sind sie auf den ersten Blick nicht erstrebenswert. Weine von Schieferböden gehören heute zu den feinsten, charaktervollsten und anspruchvollsten Weinen. Vor allem ihre Mineralität ist es, die den Weinkennern schmeckt. Schiefer kommt vor im Priorat und in Bierzo.

Schotter- und Geröllboden

Schotter- und Geröllböden bescheren uns erdige Weine, die an Kiesel erinnern und sich mit der Frucht von reifen Trauben schön ergänzen, die durch die gespeicherte Wärme in den Steinen entstehen. Diese typischen Böden findet man in Rueda und Toro.


Klima

Spanien ist ein gutes Beispiel für die enorme Anpassungsfähigkeit der Reben an die verschiedensten klimatischen und geographischen Bedingungen. Von der Hitze und Trockenheit als typische Eigenschaften im Süden bis zur Feuchtigkeit des Nordens, wo der Winter auf der kastilischen Hochebene kalt und streng ist.

Eine entscheidende Rolle im Wachstum der Reben und ihrer Entwicklung spielt das Klima. Die Höhenlage der Hochebenen, die Flusstäler und Schluchten lassen ein vielfältiges Klima entstehen.

Die Weinbauklimata Spaniens kann man grob in drei Hauptklimazonen einteilen. Das atlantische, das kontinentale sowie das mediterrane Klima. Neben diesen drei Grundzonen gibt es zahlreiche Überlappungen, wie das atlantisch-kontinentale Klima in Bierzo oder den nördlichen Bereichen der Rioja und Navarras, sowie Klimakorridore wie das Ebrotal, durch welches Einflüsse des mediterranen Klimas bis in die Rioja Baja und die südliche Navarra vordringen. Ganz besonders ist auch das atlantisch-kontinentale Klima. Eine Klimakombination in einer Zone, in der Atlantik und Mittelmeer nah beieinander liegen und sich beide Klimata verbinden.

Atlantisches Klima

Dieses Klima entsteht durch die Einflüsse des Ozeans. Auf dem Festland herrscht dieses Klima vor allem in Galizien und im Küstenbereich des Baskenlandes. Kennzeichnend sind hohe Niederschläge, die zu jeder Jahreszeit auftreten können, aber im Jahresdurchschnitt recht milde Temperaturen, da der nahe Atlantik temperaturausgleichend wirkt. Schnelle Wetterwechsel hängen ab von den Meeresströmungen und unterschiedlichen Wassertemperaturen.

Atlantisch-kontinentales Klima

Dieses Klima finden wir in Anbaugebieten, die weiter vom Atlantik entfernt sind, aber in größerer Höhe liegen und dem Einfluss des Ozeans ausgesetzt sind. Diese Klima kann als Übergangsklima bezeichnet werden. Es herrscht in weiter vom Atlantik gelegenen Binnenregionen wie in Bierzo, Navarra und Rioja Alta. Typisch sind geringere Niederschlagsmengen als in Galizien und niedrigere Nachttemperaturen, was eine langsamere, kontrolliertere und bessere Reifung der Trauben ermöglicht.

Kontinental-atlantisches Klima

Typisches Klima im westlichen Teil der kastilischen Hochebene, wo der Atlantik noch leichten Einfluss nimmt. Niederschläge treten hauptsächlich im Frühjahr und im Herbst auf. Charakteristisch sind große Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Toro, Ribera del Duero und Rueda stehen unter dem Einfluss dieses Klimas. Die starke Sonneneinstrahlung am Tag ermöglicht eine gute Reifung, während die kühle Nacht dafür sorgt, dass die Säure erhalten bleibt.

Atlantisch-mediterranes Klima

Eine ungewöhnliche Kombination, die sich daraus ergibt, dass beide Meere recht nah beieinander liegen. Im Süden Andalusiens, wo die beiden Meere zusammentreffen herrscht dieses Klima. Die Einflüsse des Mittelmeeres werden durch den Atlantik abgemildert. Trotz der südlichen Lage herrscht hohe Luftfeuchtigkeit. Bei Westwind kommen im Frühjahr und Herbst regelmäßige Niederschläge. Bei östlichen Winden herrschen vor allem im Sommer mediterrane Verhältnisse.  Hier liegt die Heimat der Sherrys und Brandys.

Kontinental-mediterranes Klima

Von der Niederschlagsmenge ist die Region der kastilischen Hochebene vergleichbar mit dem kontinental-atlantischen Klima weiter im Norden. Entscheidender Unterschied ist die niedrigere Höhenlage und dadurch die milderen Nachttemperaturen, die das Wachstum der Reben begünstigen. Hier liegen die Weinbauregionen La Mancha, Ribera del Guadiana, Aragon, bis hin zu den südlicheren Ausläufern von Rioja, Somontano und Navarra.

Mediterranes Klima

Kennzeichnend für das mediterrane Klima sind die geringen Niederschlagsmengen und die geringe Höhe, so dass die Tages-Nachttemperaturen sich nicht extrem unterscheiden. Dieser Klimatyp kommt entlang der gesamten Mittelmeerküste und auf den Balearen vor. Hier liegen die elf Weinbauregionen Kataloniens, Alicante, Valencia, Jumilla. Die lange Sonnenscheindauer führt zu längeren Reifezeiten der Trauben und dadurch zu höherem Alkoholgehalt der Weine.