Garnacha
Herkunft
Die rote Garnacha gilt als autochthon spanisch und war bis zur Jahrtausendwende die meist angebaute rote Rebsorte des Landes. Weltweit gesehen dürfte sie momentan den dritten Platz einnehmen. Es wird angenommen, dass die Sorte aus der nordspanischen Region Aragón stammt und ab dem 12. Jahrhundert mit der Ausdehnung des Herrschaftsgebietes der aragonesischen Krone im gesamten Mittelmeerraum Fuß fasste. Auf Sardinien, wo die Traube Cannonau heißt, wird indes die Theorie vertreten, dass der Ursprung der Garnacha auf der Insel liege, welche sich einige Jahrhunderte unter aragonesischer Herrschaft befand. Im 17. beziehungsweise 18. Jahrhundert findet die nordspanische Traube ihren Weg in die französischen Anbaugebiete Roussillon und Languedoc. Verbreitet ist die Garnacha ebenso in Australien wie in der Central Coastal Region Kaliforniens, und selbst in Nordafrika und Israel ist sie zu finden.
Viele Namen
In Spanien ist die Garnacha fast überall zu Hause. Gut die Hälfte der 65 Herkunfts-bezeichnungen Spaniens führt die Traube als zugelassene Sorte auf. Große Bedeutung kommt ihr in den Autonomen Regionen Aragón, Rioja, Navarra, Katalonien und Madrid zu. Auffallend ist die Präsenz entlang des Flusses Ebro, der sozusagen wie eine Wachstumsachse dieser Sorte fungiert. Entsprechend ihrer Verbreitung ist auch der Fächer an Synonymen recht breit. Tinto Aragón oder einfach Negre, wie sie in Nordkatalonien genannt wird sind weniger üblich. Die Termini Garnacha Tinta, Fina und Negra dagegen gelten offiziell als „korrekt“. Die Spielart Garnacha Peluda, auch Garnacha Gris genannt, deren Anbau sich auf die Herkunftsbezeichnungen Alella, Priorato und Terra Alta beschränkt, erbringt farbschwächere Moste mit geringerem Zuckergehalt, aber besseren Säurewerten. Der Name bezieht sich auf die Unterseiten der Blätter, die eine Art haarigen Flaum aufweisen.
Eigenschaften
Die Pflanze weist einen aufrechten und kräftigen Wuchs auf und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit, da ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten beträchtlich ist. Allein, bei widrigen Witterungsbedingungen im Frühjahr neigt sie zur Verrieselung. Darüber hinaus kommt sie mit Hitze und Trockenheit gut zurecht. Andrerseits schaden ihr vor dem Austrieb auch Fröste nicht. Die Tatsache, dass die Rebe als genügsam gilt und auch unter schwierigen Wachstumsbedingungen befriedigende Erträge erbringen kann, hat entscheidend zu ihrer Beliebtheit beigetragen. In feuchten Gebieten tendiert sie zu hohen Erträgen und zeigt eine gewisse Anfälligkeit für Botrytis. Sie treibt früh aus und weist im Norden Spaniens einen recht langen Vegetationszyklus auf.
Die Beere ist mittelgroß und von dunkelblau-violetter Farbe mit dünner Haut. Sie ergibt Weine von strahlend tiefrotem Rubin. Die Garnacha zeigt keine sehr dichte oder dunkle Farbe, wenngleich in Spanien die reinsortigen Weine der jüngsten Generation eine deutlich bessere Konzentration der Pigmente erreichen. Das Bukett ist geprägt von reifen roten Früchten und einer Vielfalt von Gewürzen; in jungen Weinen finden sich Noten von blauen Blüten. Je konzentrierter der Wein, desto eher setzen sich auch Lakritze und Noten von Pflaumen durch.Die Garnacha dient in nicht unwesentlichem Maße der Bereitung von Rosados, die einerseits sehr duftig, andrerseits auch geschmeidig und weich wirken. Im Allgemeinen weisen die Weine nur eine dezente Säure auf und neigen zur Oxidation. Dieses Handicap veranlasste viele spanische Winzer, ihre Anlagen im letzten Jahrzehnt zu reduzieren. Auch unter schwierigen Anbaubedingungen erreicht sie mit Leichtigkeit einen hohen Zuckergehalt und damit entsprechende Alkoholwerte. Am Gaumen wirkt sie füllig und weich, wobei das mittelkräftige Tannin oft etwas aufgeraut wirkt. Aus Anlagen mit niedrigen Erträgen können dennoch strukturierte und sehr ausdrucksstarke, opulente Rotweine entstehen. Nicht umsonst genießt sie bei vielen Rotweinliebhabern einen exzellenten Ruf aufgrund ihres vollen und weichen Körpers und einem bei aller Kraft betörenden und warmen Charme.
Heute bedeckt die Garnacha als zweitwichtigste rote Sorte Spaniens noch knapp 85.000 Hektar. Wegen des starken Schwundes, den die Sorte in den letzten anderthalb Jahrzehnten erfahren hat, könnte man glauben, sie wäre aus der Mode gekommen. Dem ist sicherlich nicht so. In fast allen klassischen Anbaugebieten wie den Herkunftsbezeichnungen in Aragón aber auch in einigen Gebieten in Katalonien konzentrieren sich die Winzer wieder verstärkt auf diese autochthone Sorte. Dies hat mehrere Gründe. Zum einen zeigt sich wegen der Veränderungen im Zuge des Klimawandels, dass die Sorte hervorragend an trockenes und warmes Terroir angepasst ist. Zum anderen haben moderne Kellertechniken und neue Erkenntnisse im Weinbau dazu geführt, dass einige sehr hochwertige reinsortige Garnacha-Rotweine entstanden sind, die vor allem international für großes Aufsehen gesorgt haben. Dank dieser Avantgarde-Gewächse hat die Traube – vielleicht für viele unerwartet – eine spektakuläre Renaissance erfahren und ist wieder in aller Munde.
Der Oberlauf des Ebro: Rioja und Navarra
Insbesondere Navarra war als eine der großen Hochburgen der Garnacha bekannt. Mitte des vergangenen Jahrhunderts wies die Anbaufläche des Gebietes zu fast 90 % Garnacha Tinta aus; heute beläuft sich der Bestand auf rund 4.500 Hektar. Der enormen Dominanz dieser Sorte ist die Entwicklung der ersten modernen Rosados des Landes zu verdanken und bis heute produziert die D.O. einige der besten Gewächse dieser Gattung in Spanien. Erstaunlicherweise zögerten die Navarresen lange, sich auf die Garnacha als Qualitätsträger für Rotweine zu konzentrieren. Die Sortenrevolution, die in Form von Cabernet und Co. Einzug hielt, lenkte die Aufmerksamkeit der Weinmacher von ihrer alten einheimischen Sorte ab. Dies hat sich grundlegend geändert. In Zeiten der Rückbesinnung auf die Tradition nimmt man die Sorte inzwischen wieder verstärkt wahr. Dafür sorgten zunächst Pioniergewächse wie Santa Cruz de Artazu von Bodegas y Viñedos Artazu und Chaparral von Nekeas. Navarra nimmt bezüglich des Anbaus von Garnacha eine Sonderstellung ein, verfügt sie doch über bedeutende Pflanzungen in kühlen Lagen. Dies gilt besonders fr das Teilgebiet Baja Montaña im Nordosten der Appellation. Dort wo in früheren Tagen hochwertige Garnacha-Trauben von den Genossenschaften zu Fassware verarbeitet wurden, sind einige der bemerkens-wertesten neuen Erzeuger der Appellation entstanden. Ihre reinsortigen Garnacha-Weine sind wegweisend, denn sie verfügen über Frucht und Kraft, zeigen aber auch Frische und Eleganz.
Mit der D.O.Ca Rioja hingegen verbindet man nicht unbedingt die Garnacha. Dabei verfügt das Gebiet immerhin über die stolze Fläche von 6.150 Hektar! Die Traube konzentriert sich vermehrt auf das östliche Teilgebiet Rioja Baja, denn dort werden mehr Sonnenstunden gezählt als in Rioja Alta und Alavesa. Zudem ist das Klima mediterraner. Reinsortige Garnachas sind indes nicht unbedingt eine Stärke der von Tempranillo geprägten Appellation. Dennoch existiert ein gutes Dutzend Erzeuger, welche sich Weinen dieses Typs widmen. Wohlgemerkt ist die Garnacha auf keinen Fall aus der D.O.Ca wegzudenken, erfüllt sie doch als Cuvéepartner unschätzbare Dienste. Eine wichtige Rolle spielte sie in nahezu allen traditionellen Weinen. Ihr kam die Aufgabe zu, der zu damaligen Zeiten schlanker bereiteten Tempranillo vor allem Körper, das heißt Volumen, zu geben. Auch heute ist sie nach wie vor als Cuvéebestandteil begehrt, denn man schätzt heute in besonderem Maße die duftige Komponente dieser Sorte.
Der Mittellauf: Die D.O.-Gebiete Aragóns
Von vielen Weininteressierten bisher wenig wahrgenommen, stellt die Region Aragón mit drei ihrer vier geschützten Herkunftsbezeichnungen ein wahres Paradies für Liebhaber von guten Rotweinen dar, die auf Garnacha-Basis bereitet werden. Die kühlste der drei Appellationen ist Campo de Borja, welche unter dem klimatischen Einfluss des mächtigen Moncayo-Massivs steht. Rebflächen finden sich noch auf einer Höhe von 830 Metern. In diesen speziellen Lagen zeigt die Traube einen besonders langen Wachstumszyklus.
Geerntet werden diese Hochlandtrauben, die besonders konzentrierte und ausdrucksstarke Weine ergeben, oft bis in den November hinein! Etwa 5.000 Hektar Garnacha-Reben werden von der D.O. geschützt, davon 4.000 Hektar Anlagen, die älter als 35 Jahre sind. In Zusammenarbeit mit der Regionalregierung in Zaragoza führt die zuständige Weinbaubehörde der D.O. ein Selektions-programm der besten Garnacha-Klone durch, welche die Qualität der Weine noch wesentlich steigern soll. Schon heute wird das Gebiet als Imperio de la Garnacha bezeichnet, und wenn man solch tiefgängige Qualitäten wie Tres Picos von Bodegas Borsao oder Fagus von Bodegas Aragonesas verkostet, ist man geneigt dem zuzustimmen.
Als ähnlich viel versprechend wird auch das Nachbar-Gebiet Calatayud gehandelt, und die Rahmenbedingungen sind tatsächlich optimal. Von den 5.600 Hektar eingetragener Rebfläche entfallen 3.000 Hektar auf die rote Garnacha, wobei 80 Prozent der Anlagen auf über 750 Meter Höhe stehen. Um die Gemeinde Acered findet man selbst Rebberge auf 1.040 Metern! In diesen luftigen Höhen herrschen Schieferböden vor, die einige der besten Garnacha-Qualitäten Spaniens hervorbringen. Als dritte D.O. im (Garnacha-) Bunde muss Cariñena erwähnt werden, die zwar hauptsächlich für ausgewogene Cuvées aus Garnacha und Tempranillo bekannt ist, in den letzten Jahren aber auch mit reinsortigen Garnacha-Tintos aufwartet. Viñedos y Bodegas Pablo ist dort der Pionier, aber auch die großen Erzeuger warten mit neuen Garnacha-Gewächsen auf. Grandes Vinos y Viñedos, Ignacio Marín oder San Valero – letzterer wird in Kürze einen mit Spannung erwarteten Selektionswein vorstellen – bieten gute Qualitäten.
Der Unterlauf: Die katalanischen Anbaugebiete
In fast allen katalanischen Appellationen spielt die rote Garnacha eine mehr oder weniger wichtige Rolle. Dennoch gibt es bislang nur wenige reinsortige Weine aus der Traube. Miguel A.Torres setzte den Rebsorten seiner Heimat mit seinem weltbekannten Superseller Sangre de Toro ein Denkmal, der natürlich in der Hauptsache Garnacha Tinta enthält. Nicht vergessen sollte man zudem, dass in den Anbaugebieten, welche auch für die Cava-Produktion Trauben erzeugen, Sektgrundweine aus der roten Garnacha gewonnen werden. Als wichtigste Anbaugebiete für die rote Garnacha gelten Montsant, Priorato und Terra Alta, aber auch Costers del Segre kann auf ausgedehnte Pflanzungen verweisen. In Montsant macht die Garnacha-Rebfläche 650 Hektar aus. Cábrida von Celler de CapÇanes und Étim Garnacha der Kooperative in Falset haben gezeigt, dass in den höheren Lagen hervorragende Garnachas entstehen können.
Entscheidend zur Rehabilitierung des Rufes der alten spanischen Rebsorte hat natürlich das Priorato beigetragen. Mit 40 Prozent der Anbaufläche, dies entspricht etwa 700 Hektar, ist das Gebiet prozentual gesehen ein Garnacha-Schwergewicht. Kaum ein Anbaugebiet weltweit kann mit so mineralischen, konzentrierten und farbintensiven Weinen aufwarten. Allein sortenreine Garnachas sind kaum üblich in Kataloniens Renommier-Appellation. In der Regel vermählen die eher traditionell orientierten Winzer die Sorte mit der in gleichem Maße autochthonen Rebsorte Cariñena. In Terra Alta bedeckt die Garnacha 1.650 Hektar, dazu kommen noch einmal 40 Hektar der Garnacha Peluda. Die Bereitung rebsortenreiner Weine ist auch dort kaum Usus. Die D.O. weist eine andere Besonderheit auf: drei Viertel aller Garnacha-Blanca-Pflanzungen Spaniens stehen auf den stark kalkhaltigen Böden der Terra Alta!
Garnacha-Rebgärten südlich der Zentralkordillere
Auch für den Süden gilt: Fast überall tritt die Garnacha in den Anbaugebieten auf. Wirklich wichtig ist sie jedoch nur in der geschützten Herkunftsbezeichnung, welche den Namen der Hauptstadt trägt. Über 2.600 Hektar Garnacha-Reben zählt die D.O. Vinos de Madrid, das Gros der Pflanzungen befindet sich in den beiden Teilgebieten San Martín de Valdeiglesias und Navalcarnero. Besonders San Martín mit seinen Granithanglagen auf der südlichen Seite des Scheidegebirges bietet erstklassige Voraussetzungen für große Weine. Tatsächlich hat die Appellation eine Welle an neuen Garnacha-Gewächsen erfahren.
Zu guter Letzt wäre noch die sich direkt südlich anschließende D.O. La Mancha zu erwähnen. Knapp 5.000 Hektar weist das größte Qualitätsweingebiet der Welt an Garnacha-Reben aus. Quelle: VinosVinos 01/2009
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