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Hochlagen

Spaniens Hochlagen

Sicherlich ist Spanien nicht die erste Intuition, die einem beim Thema Hochlagenweine einfällt. Da braucht es schon einen zweiten Blick.

Die Durchschnittshöhe des spanischen Festlandes liegt bei etwa 625 Metern über dem Meeresspiegel, was bedeutet, dass Spanien nach der Schweiz das gebirgigste Land Europas ist. Neben zahlreichen beeindruckenden Bergketten, die sich im Norden, im Zentrum sowie im Süden von Ost nach West ziehen, befinden sich in der Mitte des Landes ausgedehnte Hochebenen, die sogenannten „mesetas“, die einen wesentlichen Teil der spanischen Rebfläche beherbergen. Die gesamte Duero-Achse mit den Herkunftsbezeichnungen Ribera del Duero, Cigales, Rueda, Arlanza, Toro und Vinos de la Tierra profitiert von den Wachstumsbedingungen des zentralen iberischen Hochlandes. Diese Regionen unterliegen einem kontinentalen Klima, welches sich durch frostig kalte Winter, heiße trockene Sommer und hohe Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht auszeichnet. Die bemerkenswerten Temperaturschwankungen tun den Reben gut und ergeben ein ausbalanciertes Lesegut.

Während der Vegetationsphase benötigen Reben ausreichend Wärme und Sonne, um wachsen und vollständig ausreifen zu können. Dazu ist es wichtig, dass der Rebstock im Sommer bei Nacht die Produktion herunterfährt und zur Ruhe kommt. Hierzu benötigt es kühle Nächte. Die Beeren bilden bei frischen Nachttemperaturen eher Säure und Tannine heraus und konservieren diese außerdem besser.

Spanien ist auch deshalb so ein exzellentes Weinland, weil es an vielen Orten beides bietet: reichlich Sonne und Wärme tagsüber sowie in den Höhenlagen kühle Nachttemperaturen. Das sind optimale Verhältnisse, um sowohl aromatisch voll ausgereifte, als auch frische Weine mit guter Struktur und Balance zu erhalten.

Im Relief betrachtet reichen in Ribera del Duero die Weingärten im Westteil bei Peñafiel von 650 Metern bis auf 1.100 Meter im Osten der Provinz Soria. Die saftigen und dichten Tempranillos der Spitzenerzeuger zeugen vom Segen hochgelegener Ribera-Weinberge. Ähnliches lässt sich von den anderen Tempranillo-Appellationen Toro und Cigales sagen. Als echter Gewinner in Bezug auf die Höhenlagen muss auch der kastilische Weißweinstar Rueda bezeichnet werden. Die große weiße Sorte Verdejo hat auf der Hochebene bei Valladolid ihr ideales

Habitat gefunden. Ihre bewundernswerte knackig-frische Frucht, die in ihrer Klarheit an gute Sauvignons Blancs erinnert, sowie ihre harmonische und perfekt austarierte Säure verhelfen den Verdejos zu einer qualitativen Spitzenposition unter den südeuropäischen Weißweintypen.

 

Seit 2007 besitzt das Anbaugebiet Tierra de León südlich der gleichnamigen Provinzhauptstadt einen D.O.P.-Status. Damit sind fast 1.500 Hektar Hochlandlagen als neues Qualitätsweingebiet ausgewiesen. León ist die Heimat der Prieto Picudo, einer tanninreichen, säurebetonten Rotweinsorte, die in der Vergangenheit nur durch einige Rosados in den Vordergrund getreten war. Die farbintensive Traube ist einer der großen Hoffnungsträger für die Zukunft, da sie nicht zur Oxidation neigt und in den kühlen Lagen der schroffen „meseta“ straffe, saftige Weine erzeugt. Das Potenzial im Hochland von León ist enorm, da dieser schon sehr nördliche Teil der kastilischen Hochebene vom Klimawandel bislang nur geringfügig betroffen ist.

 

Westlich davon, direkt am Jakobsweg gelegen, macht die Appellation Bierzo schon seit geraumer Zeit von sich Reden. Berühmt als wichtigstes Herkunftsgebiet der roten Mencía-Traube, hat die D.O.P. zwar den Ruf, gutes Terroir zu bieten. Dass auch dort Hochlagen eine Rolle spielen, ist hingegen eigentlich nur Kennern des Nordwestens bekannt. Die höchsten Einzellagen gehen bis auf 860 Meter hoch und werden aufgrund ihres steilen Neigungswinkels mit Mauleseln bearbeitet, die mit Seilen gesichert werden müssen.

 

In der DOCa Rioja ist das Klima an den Ausläufern der Kantabrischen Berge mitunter ebenfalls kühler als es für Spanien gemeinhin angenommen wird. Das gilt insbesondere für die Subzonen Rioja Alta und Rioja Alavesa. Hier wachsen Reben in der Spitze auf über 800 Metern Höhe. Entsprechende Höhenlagen sind neben atlantischen Klimaeinflüssen mit dafür verantwortlich, dass die Qualitätsgewächse des Rioja von einer lebhaften Säure getragen werden.

 

Im Zuge der Restaurierung alter Höhenlagen erlebt die Garnacha eine Renaissance ohnegleichen. Als Pioniere der Garnacha-Rehabilitation sollten an erster Stelle die aus den Genossenschaften entstandenen modernen Kellereien genannt werden. Die Weine in der Appellation Montsant sind inzwischen so etwas wie eine Hochland-Garnacha-Referenz geworden ist. Die Trauben, der Name weist schon darauf hin. Hier ist an erster Stelle die Kooperative von Capçanes mit ihrem Cabrida zu nennen. Die Trauben, der Name weist schon darauf hin, stammen aus Rebgärten, die nur auf Bergziegenpfaden zu erreichen sind. Cabrida glänzt durch makellose feine Frucht und durch komplexe Mineralität. Seine Klarheit und Feinzeichnung hat der Wein auch der Höhe zu verdanken.

Sogar in der Provinz Murcia, im heißen Südosten Spaniens, ist es möglich, gut strukturierte und balancierte Weine zu erhalten. Bei 3000 Sonnenstunden im Jahr und Tagestemperaturen von über 40 Grad im Sommer ist dies kein Automatismus. Nachts kann es zwischen 650 und 850 Metern Höhe hingegen empfindlich abkühlen, im Herbst und Winter sogar schneien. Für autochthone Reben wie die rote Monastrell sind diese Temperaturunterschiede zur Bildung von Zucker, Frucht, Gerbstoffen und Säure ideal. Folglich fallen in einem Gebiet wie der D.O.P. Jumilla die Rotweine zwar opulent und alkoholisch aus, allerdings nicht fett. finden.

Die höchsten Weinberge Kontinentaleuropas liegen übrigens in der andalusischen Provinz Granada. Im Hinterland der Costa Tropical befinden sich Weinberge auf bis zu 1370 Metern Höhe. So lassen sich selbst im südlichsten Zipfel Europas körperbetonte wie frische Weine erzeugen. 

Spanien hat darüber hinaus die höchsten Weinlagen ganz Europas zu bieten. Diese befinden sich nicht auf dem Festland, sondern auf den Kanarischen Inseln auf Teneriffa. Weinanbau wird dort teilweise auf über 1500 Metern Höhe betrieben.

Zum Vergleich: Die höchsten Weinberge Deutschlands hat der Hohentwiel am Bodensee auf etwa 560 m.ü.M. Höher geht es in Deutschland aufgrund von Frostgefahr während der Vegetationsphase kaum.